In den vergangenen Tagen erreichten den Kreis Wesel zahlreiche Anrufe von Pächtern des Campingplatzes, nachdem der Kreis am 13. Januar 2022 eine sofortige Nutzungsuntersagung angeordnet hatte.
In einer vom Kreis eingerichteten Hotline beantworteten die Mitarbeiter der Kreisverwaltung Fragen zu den Gründen der Nutzungsuntersagung, zur Bewertung der Brandgefahren und des Genehmigungsstatus auf dem Campinglatz.
„In der überwiegenden Anzahl der Telefonate war im Verlauf des Gesprächs eine Akzeptanz der Anrufer für die getroffenen Maßnahmen erkennbar“, heißt es in der Pressemitteilung des Kreises.
Es folgt eine Auflistung der am häufigsten gestellten Fragen und den dazugehörigen Antworten:
Ist die Situation wirklich so gefährlich?
Antwort: Ja.
Die Gerichte haben den Gedanken an mögliche Gefahren gut zusammenfasst: „Der Umstand, dass in vielen Gebäuden jahrzehntelang kein Brand ausgebrochen ist, beweist nicht, dass keine Gefahr besteht, sondern stellt lediglich einen Glücksfall dar, mit dessen Ende jederzeit gerechnet werden muss.“
Die rund 170 Parzellen auf dem Campingplatz Hohes Ufer/Overbeck sind an keiner Stelle durch Brandschutzstreifen unterteilt, so dass sich ein Feuer flächendeckend ausbreiten könnte. Die Gebäude auf dem Platz bestehen fast überwiegend aus Holz oder anderen brennbaren Materialien. Vielfach sind die Gebäude auf benachbarten Parzellen unmittelbar Wand an Wand aufgestellt. Die Häuser werden mit Gasöfen, zum Teil auch mit Kaminöfen geheizt. Viele Pächter haben in Eigenleistung Einhausungen und Anbauten gebaut.
Im Falle eines Feuers, würde es sich innerhalb weniger Minuten von Parzelle zu Parzelle ausbreiten. Ein solcher Brand könnte mit Handfeuerlöschern nicht wirksam eingedämmt werden. Besonders nachts muss damit gerechnet werden, dass ein Brand zunächst von den anderen Pächtern unbemerkt bleibt, so dass eine akute Lebensgefahr auch für die Pächter der benachbarten Parzellen entsteht. Die Hitzeentwicklung eines Brandes macht die schmalen Fußwege zwischen den Parzellen für flüchtende Personen unbenutzbar.
Warum könnte die Feuerwehr nicht mit dem Wasser aus dem Kanal löschen?
Am Kanal existieren keine baulichen Voraussetzungen (unter anderem ein Aufstellplatz für ein Löschfahrzeug, ein fest verbautes und sicher im Wasser stehendes Ansaugrohr), die es Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr ermöglicht, Löschwasser aus dem Kanal zu pumpen und zu nutzen.
Die mehrere Meter tiefe, steile und bewachsene Böschung ist für eine Löschwasserentnahme mit den mitgeführten Saugschläuchen auf dem Feuerwehrfahrzeug nicht gut geeignet.
Warum hat der Kreis den Platz nicht regelmäßig kontrolliert? Hätte man mit Kontrollen nicht die Entwicklung aufhalten können?
Die Bauaufsichtsbehörden prüfen im Rahmen der Bauantragsverfahren die Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften. So genehmigte in den 60er Jahren der damalige Kreis Dinslaken auf dem Gelände in Schermbeck einen „Campingplatz für ca. 100 Personen, gemischt für Wohnwagen und Zelte“.
Der Gesetzgeber weist den Betreibern von Gebäuden und Einrichtungen weitreichende Eigenverantwortung und Betreiberpflichten im Zusammenhang mit dem Baurecht und dem Brandschutz zu.
Auf einem Campingplatz ist die Benutzung der einzelnen Parzellen im weiteren Betrieb durch die Campingplatzbetreiber zu regeln und zu überwachen.
Die Bauaufsichtsbehörden werden im Rahmen ihrer Aufgabe als Gefahrenabwehrbehörde erst dann wieder tätig, wenn Anhaltspunkte für baurechtswidrige oder sogar Menschenleben gefährdende Zustände bestehen. Dabei ist es nur für Einrichtungen mit besonderem Gefahrenpotential wie Schulen, größere Veranstaltungsräume, Alten- oder Pflegeheime vorgeschrieben, dass die Bauaufsichtsbehörde regelmäßig aus eigener Veranlassung die Gebäude begeht.
Im Rahmen einer gemeinsamen Brandverhütungsschau der Gemeinde Schermbeck und der Brandschutzdienststelle des Kreises Wesel Ende letzten Jahres wurden die Brandschutzmängel erkannt, in der Folge war ein unverzügliches Handeln durch die Bauaufsichtsbehörde nötig.
Stimmt es, dass mehrere der Häuser durch den Kreis Wesel bauordnungsrechtlich genehmigt wurden?
Antwort: Nein.
Es liegt eine Genehmigung für einen Campingplatz vor, ebenso für die Gaststätte, Gebäude für Toiletten- bzw. Waschanlagen sowie verschiedene weitere Nebengebäude zur Bewirtschaftung eines Campingplatzes. Für die Wohngebäude, die Pächter auf ihren Parzellen errichtet haben, liegen in keinem Fall Baugenehmigungen vor.
Warum wurden die Pächter so spät informiert?
Antwort: Eine unmittelbare Information der individuellen Pächter durch den Kreis Wesel war zu einem früheren Zeitpunkt nicht möglich, da die erforderlichen Daten (unter anderem die Namen) nicht vorlagen. Im November 2021 hatte der Kreis bei den Betreibern vollständige Pächterlisten mit aktuellen Adressen angefordert. Eine ausreichend genaue Liste lag dem Kreis Wesel erst Ende Januar 2022 vor.
Seit Juli 2017 erhielten alle Personen, die ihren Wohnsitz auf einem Campingplatz in der Gemeinde Schermbeck angemeldet haben, ein Hinweisblatt, das auf die bauordnungsrechtliche Unzulässigkeit des dauerhaften Wohnens auf Campingplätzen hinweist.
Ebenfalls enthalten ist, dass Pächter mit Hauptwohnsitz sich auf behördliche Maßnahmen einstellen müssen, die im Ergebnis auf eine Beendigung der dauerhaften Wohnsitznahme hinwirken.
Im Jahr 2016 wurden ebenfalls alle Campingplatzbetreiber auf die Problematik hingewiesen. Die Gemeinde forderte alle Betreiber auf, in ihren Mietverträgen künftig Hauptwohnsitznahmen grundsätzlich auszuschließen.
Wurden auch andere Möglichkeiten als Alternative zur Nutzungsuntersagung bedacht?
Antwort: Ja, Anfang Dezember 2021 wurde die Betreiber zu verschiedenen, zeitlich gestaffelten Maßnahmen aufgefordert. Diese Maßnahmen hätten insgesamt einen Zeitraum bis zum Ende des Pachtjahres (Frühjahr 2022) überbrücken können, so dass ein Weiterbetrieb bis zu diesem Zeitpunkt vertretbar gewesen wäre. Spätestens mit Ablauf des Pachtjahres hätten aber zahlreiche Kündigungen durch die Betreiber gegenüber den Pächtern ausgesprochen werden müssen.
In einem persönlichen Gespräch am 9. Dezember 2021 wurde den Betreibern von Vertretern des Kreises Wesel und der Gemeinde Schermbeck die Situation nochmals eindringlich geschildert, die angeordneten Maßnahmen wurden erklärt und es wurde deutlich darauf hingewiesen, dass bei Nicht-Erfüllung der Forderungen nur die Nutzungsuntersagung des Platzes als letzte Option verbleibt.
Eine weitere Ortskontrolle Anfang Januar zeigte, dass von den baulich geforderten Maßnahmen in Bezug auf das Löschwasser und die Abstände keine ausreichenden Aktivitäten oder Vorbereitungen vor Ort erkennbar waren.
So war der Kreis Wesel gezwungen, am 13. Januar 2022 die vorher angekündigte Nutzungsuntersagung auszusprechen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Betreiber verpflichtet, zur Umsetzung der Nutzungsuntersagung die einzelnen Pächter umgehend zu informieren.
Nach der mündlichen Eilverhandlung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf am Donnerstag, 27. Januar 2022, sieht sich der Kreis Wesel in seinem Handeln bestätigt. Daher wurden am Montag, 31. Januar 2022, ebenfalls Nutzungsuntersagungen gegenüber den einzelnen Pächtern ausgesprochen.
Der Kreis Wesel hat für die betroffenen Pächter eine Email-Adresse unter [email protected] eingerichtet, unter der weitere Fragen beantwortet werden.