Thema Wolf: Sehr schlechte Noten für das LANUV

Wolf: Das Gahlener Bürgerforum bescheinigt dem Landesamt eine fehlende Neutralität

Schermbeck. Fast zweieinhalb Jahre lang hat das Gahlener Bürgerforum (GBF) die Arbeit des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) beobachtet. Eine 30-seitige Bilanz dieser Beobachtung wurde am Mittwoch von fünf Mitgliedern des GBF vorgestellt. Die Dokumentation listet Falschaussagen des LANUV ebenso auf wie Nachweise, dass dem LANUV die gebotene Neutralität fehlt.

Die skeptische Haltung des GBF gegenüber dem LANUV entstand im September 2018. Damals waren schon zahlreiche Wolfsrisse in der Region bekannt geworden, ohne dass das LANUV die Bevölkerung informiert hatte. „Ganz im Gegenteil“, hieß es am Mittwoch in der GBF-Runde, das LANUV habe immer wieder den Wolf als Verursacher von Schafsrissen ausschließen wollen.

Der Wolf ist ein scheues Tier

Im Rahmen einer Veranstaltung in der Gesamtschule Hünxe hatte der LANUV-Mitarbeiter Dr. Matthias Kaiser im November 2018, einen Monat nach der Ausweisung des Wolfsgebietes Schermbeck noch behauptet: „Der Wolf ist ein scheues Tier. Ihn zu Gesicht zu bekommen, gleicht einem Sechser im Lotto.“ „Dann müssten hier in der Region haufenweise Millionäre wohnen“, kommentierte am Mittwoch ein GBF-Mitglied die Falschaussage. Zur Beruhigung der etwa 300 Besucher in Hünxe hatte Dr. Kaiser hinzugefügt: „Der Wolf reißt keine Pferde, keine Rinder.“ Die vom GBF akribisch geführte Riss-Liste belegt an mehreren Stellen diese glatte Falschaussage.

Wolf-Schermbeck-Rissaufnahme-Lanuv
Auch der Umgang mit den Meldungen der ehrenamtlichen arbeitenden Wolfsberater von Schafsrissen an das LANUV gehörte am Mittwoch zur Auflistung der Vorwürfe fehlerhafter Handlungsweisen des LANUV. Archivfoto : Helmut Scheffler

Auch das Verhalten von Wölfen hat das LANUV nach Auffassung des GBF mehrmals völlig falsch beschrieben. „Der Wolf reißt nur so viel, wie er auch fressen kann.“ Auch diese Aussage des LANUV-Pressesprechers Wilhelm Deitermann vom 30. August 2019 wurde am Mittwoch als eine dilettantische Fehleinschätzung bewertet, weil bei zahlreichen Rissen von einem einzigen Wolf gleich mehrere Tiere gerissen wurden.

Keine nachgewiesenen Untergrabungen

Zitiert wurde Dr. Matthias Kaiser mit einer Aussage vom 5. Oktober 2018: „Wölfe versuchen es zunächst unter dem Zaun und könnten zwar springen, würden dies aber lieber vermeiden.“ Es gebe, so das GBF, in der Auflistung des GBF kein einziges Riss-Ereignis, bei dem der Wolf unter einem Zaun in die Weide gelangt sei. Es gebe bis dato zwar Kratzspuren, aber keinerlei vom LANUV nachgewiesene Untergrabungen.

„Untypisch für einen Wolf wären allerdings das Abtrennen und Verschleppen von Körperteilen (hier Vorderlauf) und das Öffnen des Pansens“, schrieb das LANUV in seiner Bewertung zum Wolfsübergriff am 11. November 2019. Das GBF legte gleich für sieben Risse vor, das entweder der Kopf, eine Schulter oder eine Keule fehlte. Zusammenfassend stellte das GBF die Frage: „Wissen es die ´Experten` nicht besser oder sagen sie bewusst die Unwahrheit? Man muss die fachliche Kompetenz des LANUV anzweifeln.

Fehlende Neutralität des LANUV

Neben den fehlerhaften Äußerungen bedauerte das GBF die fehlende Neutralität des LANUV. Hartnäckig hat das LANUV im Sommer 2018 Hunde für den Tod von gerissenen Schafen verantwortlich gemacht. Als fünf Schafe durch einen Kehlbiss starben und zwei verletzt wurden, sicherte LANUV-Mitarbeiterin die Spuren vor Ort. Schon vor einem wissenschaftlichen Nachweis habe die Mitarbeiterin vermutet, dass ein Hund für die Risse verantwortlich sei. „Nach Rückfragen bei den Berufsschäfern hat es in den letzten 20 Jahren nicht einen tödlichen Schafsriss durch Hunde gegeben“, teilte das GBF mit.

Schon vor der Vorlage der offiziellen DNA-Analyse habe dann der LANUV-Pressesprecher Deitermann mitgeteilt, man gehe davon aus, dass ein Hund dafür verantwortlich sei. Solche Aussagen nahm das GBF mit Erstaunen zur Kenntnis, zumal das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Krefeld damals zuvor in einem Gutachten empfohlen hatte, den Riss durch einen Wolf in Erwägung zu ziehen. „Das LANUV vermeidet/verhindert jegliche Rückschlüsse zu Lasten des Wolfes bei der Überwindung von Zäunen mit einer Höhe zwischen 1,50 und 1,90 Meter“, bemängelte das GBF die fehlende Neutralität des LANUV.

Keine Probennahme durch einen qualifizierten Wolfsberater

Als im November 2018 die Schwiegertochter eines Geschädigten bei der Montage des Übersteigschutzes im obersten Draht Haare entdeckte und diese Haare der Wölfin Gloria zugeordnet wurden, hat man diese Haare nicht als Nachweis für einen Wolf anerkannt, weil keine Probennahme durch einen qualifizierten Wolfsberater stattgefunden habe.

Bei einem Fall am 17. September 2020 wurden von Bewohnern ein Wolf gesichtet und außerdem Haare am oberen Stacheldraht festgestellt. Das LANUV wurde per Hotline informiert. Nachdem bis zum späten Nachmittag keine Reaktion seitens des LANUV erfolgt war, wurden die Haare unter Aufsicht des Bürgermeisters Mike Rexforh die Haare gesichert und ihm zur Verwahrung übergeben. „Bis heute wurden die Haare trotz mehrfacher Aufforderung nicht abgeholt“, hieß es am Mittwoch seitens des GBF.

Zudem wurde an einen ähnlichen Fall erinnert. Während einer Rissaufnahme am 2. Dezember 2020 wurden am Zaun eines Damwildgatters Haare gefunden und von einem Wolfsberater gesichert und an das LANUV geschickt. Auch hier fehle bis heute trotz Nachfragen jeglicher Hinweis über das Untersuchungsergebnis.

Das GBF kann dem LANUV auch die Lieferung falscher Daten an die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) zwecks Erstellung eines Gutachtens nachweisen. Über diesen komplexen Sachverhalt berichten wir in einer weiteren Ausgabe. H.Sch.

Info

Am 30. November 2017 trafen sich Gahlener Bürger zu einem ersten Infoabend zur unerlaubten Ablagerung von Ölpellets und anderen gefährlichen Deponiegütern in einer Ablagerung der Firma Nottenkämper. Damals entstand das Gahlener BürgerForum (GBF). Ein Jahr später kam das Thema „Wolfsgebiet Schermbeck“ hinzu.

Zum Gahlener BürgerForum gehören Vertreter des Allgemeinen Bürgerschützenvereins Gahlen, des CDU – Ortsverbandes Gahlen, der FDP – Gahlen, des Gemeindesportverbandes Schermbeck, des Heimatvereins Gahlens, des MGV Gahlen-Dorf, des Reitervereins Lippe-Bruch Gahlen, der SPD – Gahlen, des TuS Gahlen, des VdK-Ortsverbandes Gahlen sowie Gahlener Bürgerinnen und Bürger. Helmut Scheffler

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Heimatreporter
Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.