Ein Stück Altschermbecker Alltag verschwindet – nach rund 25 Jahren schließt
Schreibwaren Ratzefummel an der Mittelstraße 88.
Viel mehr als nur Lotto, Kugelschreiber, Bürobedarf, kleine Geschenk und Grußkarten: Für viele war der kleine Laden in Altschermbeck ein Stück Alltag, ein Treffpunkt mit Herz und Geschichten. Am 30. April ist Schluss.
Wenn der „Ratzefummel“ zum Knotenpunkt wird
Ein kurzer Plausch beim Lottoschein abgeben. Eine nette Karte für die Nachbarin aussuchen. Es wären die kleinen Dinge, die künftig fehlen würden, wenn der Laden von Andreas Pieniak schließt. „Eine Goldgrube war der Laden nie“, sagt Pieniak. „Aber da gehörte eben ein bisschen Enthusiasmus dazu, ein bisschen Liebe zur Gemeinde. Alles zusammen – Liebe zum Kunden und viel Engagement.“

Ein Vierteljahrhundert im Wandel
Idealismus allein reiche aber nicht aus, wenn sich die Rahmenbedingungen verschieben. „Irgendwann kamen die Discounter, dann wurde der Onlinehandel immer stärker. Und zuletzt waren es politische Entscheidungen und Krisen, die dazu geführt haben, dass die Leute weniger kaufen – oder gleich ganz ins Internet abwandern“, sagt er. „Das merkt man dann natürlich an den Umsätzen. Irgendwann reichen die Einnahmen einfach nicht mehr aus, um die laufenden Kosten zu decken.“
Weniger Bedarf durch Digitalisierung im Schulalltag
Auch das veränderte Nutzungsverhalten im Bildungsbereich habe spürbare Folgen für den stationären Handel. Seit der Corona-Pandemie sind viele Schulkinder mit Tablets – meist iPads – ausgestattet. Die Nachfrage nach klassischen Schulmaterialien wie Schreibheften, Füllern oder Karten sei dadurch deutlich zurückgegangen.

Die Folge: Kaufzurückhaltung. „Ich verstehe das total“, sagt Pieniak. „Gerade in der heutigen Zeit. Aber wenn dann mal was wegbricht, dann fällt’s plötzlich auf.“ Oder wie er es selbst formuliert: „Dann wird man feststellen, dass dieses Gefühl ‚nice to have‘ in der eigenen Gemeinde nicht reicht – man muss eben auch mal einen Euro umsetzen.“
Und dann, sagt er weiter, müsse man ehrlich mit sich sein: „Das war nie als Hobby gedacht. Wenn es irgendwann nicht mehr auskömmlich ist, sollte man auch den Mut haben, einen Schlussstrich zu ziehen.“
Vom Schreibblock bis zur Lebensgeschichte
Was viele nicht wüssten: Hinter dem Verkauf von Heften, Karten und Kugelschreibern stecke oft viel mehr. „Die zweite, wenn nicht sogar dritte Generation hat hier eingekauft“, erinnert sich Pieniak.
Und mit ihr seien die Geschichten gekommen – Lebensgeschichten. „Die haben wir natürlich auch teilweise emotional begleitet. Ob Kindergeburtstag, Konfirmation oder Trauerfall – wer kam, brachte auch ein Stück seines Alltags mit in den Laden.“

Ratzefummel – Treffpunkt mit Herz
„Ich sage mal: Auch der kleine Treffpunkt fällt jetzt weg“, meint Pieniak nachdenklich. Gerade für ältere Menschen, die nicht mehr so mobil sind, sei der Laden bis heute ein Ort gewesen, an dem man sich mal wieder traf, sich eine halbe Stunde unterhielt. „Das geht jetzt verloren.“
UPS-Retourenannahme? Gibt es ab Mai ebenso wenig wie die freundliche Nachfrage, ob man noch ein paar Briefmarken braucht – oder ob der Kugelschreiber auch wirklich gut schreibe.
Was bleibt, sind viele Geschichten, vertraute Begegnungen – und ein Stück Alltag, das künftig fehlen wird.
Hinweis zum Totalausverkauf
Schreibwaren Ratzefummel bietet im Rahmen der Geschäftsaufgabe gestaffelte Rabatte auf das gesamte Sortiment:
- Bis zum 5. April : 30 Prozent Rabatt
- Vom 7. bis 19. April : 50 Prozent Rabatt
- Vom 22. bis 30. April : 70 Prozent Rabatt auf alles
Die Aktion endete mit der Schließung des Ladens am 30. April.