Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe

Das Interview führte Hans Nover von der WirtschaftsGemeinschaft Hünxe e.V.

PAK – ein gesundheitliches Risiko?

Als im Schermbecker Mühlenberg illegal entsorgte Ölpellets entdeckt wurden, war die Aufregung groß, da diese Ölrückstände gesundheitsschädliche Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) enthalten. Ein kleiner Zipfel des Mühlenbergs ragt von Gahlen aus in das Gemeindegebiet von Hünxe hinein. Deshalb hat die WirtschaftsGemeinschaft Hünxe verschiedene Experten zum Thema Gesundheitsgefährdung durch giftige PAK befragt.

Teilnehmer der Expertenrunde:

  • Diplom Geologe Martin Böddeker
    Gelsenwasser AG, Wasserwirtschaft
  • Diplom Chemiker Dr. Karl-Heinz Bennighoff; Hünxe
  • Michael Fastring; Gahlen
    Kreis Wesel, Leiter des Fachdienstes Umwelt
  • Dr. med. Michael Wefelnberg; Hünxe
    Facharzt für Allgemeinmedizin, Umweltmediziner
  • Dr. Georg Nover, Geowissenschaftler
    Universität Bonn, Institut für Geowissenschaften und Meteorlogi

Was sind PAK und wie entstehen sie? (Ben, Böd)

Diese giftigen Kohlenwasserstoffe entstehen hauptsächlich (zu mehr als 90%) bei der unvollständigen Verbrennung organischer Stoffe wie Holz, Kohle oder Öl in Kleinfeuerungsanlagen, aber auch bei Vulkanausbrüchen oder Waldbränden. Da Kohle und Erdöl PAK enthalten, sind daraus hergestellte Produkte oft ebenfalls belastet.

Es gibt tausende verschiedener PAK mit unterschiedlichen Gefährdungseigenschaften. Benzo(a)pyren ist besonders schädlich (hoch toxisch). Es ist Indikator dafür, dass dann auch andere PAK in einer Probe zu erwarten sind (Leitparameter).

Wo kommen sie vor? (Ben, Böd)

In der Luft, durch Verbrennung von Benzin und Heizöl, Reifenabrieb, Abrieb asphaltierter Straßenbeläge (Teer in der Deckschicht ist gefährlicher als Bitumen), Altlasten von Kokereien, Kohlehalden, ehemaligen Gaswerken, Steinkohlenteer, mit Öl imprägnierte Eisenbahnschwellen, Kunststoffe, Tabakrauch, verkokeltes Grillfleisch, geräuchertes Fleisch, Gummigranulat aus Altreifen für Kunstrasenplätze usw. (Siehe unten genannten Link zum Umweltbundesamt)

Auf welchen Wegen können PAK in den menschlichen Körper gelangen und welche Auswirkungen hat das dann? (Wef)

PAK sind in der Luft enthalten und gelangen erstens über die Atmung unausweichlich in den menschlichen Körper. Der zweite Weg ist die Nahrungsaufnahme. Die dritte Möglichkeit ist der Hautkontakt.Bei Schornsteinfegern führt das Hantieren mit Ruß leicht zur PAK Aufnahme über die Haut. Bei Schweißern gelangen PAK durch das Einatmen der Schweißgase in den Körper.

Früher wurde Fleisch durch Räuchern haltbar gemacht und dann zusammen mit dem vom Rauch stammenden PAK verzehrt. Magenkrebs war folglich vor Erfindung des Kühlschranks die häufigste Krebsart. Heute ist Zigarettenrauch eine bekannte Ursache von Krebserkrankungen der Lungen, der Bronchien, des Kehlkopfes, der Zunge oder der Blase. PAK können auch genetische Defekte verursachen.

Gibt es Präventionsmöglichkeiten? Gibt es Grenzwerte? (Böd, Wef)

Es gibt Grenzwerte für PAK-Gehalte in Produkten (z. B. Reifen oder Holzschutzmitteln), für Emissionen aus Industrieanlagen sowie für Lebensmittel und das Trinkwasser. (Siehe unten genannten Link zum Umweltbundesamt)

Ein Grenzwert Null, also gar kein PAK aufzunehmen, ist für den Menschen absolut unmöglich, da PAK in der Luft und im Boden überall vorkommen. Es gibt keinen Grenzwert in dem Sinne, dass ein Unterschreiten unschädlich für die Gesundheit ist, ein Überschreiten zwangsläufig zur Erkrankung führt.

Menschen reagieren nicht alle gleich. Wohl aber gilt: Je weniger PAK aufgenommen wird, desto besser. Die Präventionsmöglichkeiten sind sehr begrenzt: Nicht rauchen, kein angebranntes Grillgut verzehren, PAK haltige Kunststoffe (Badeschuhe, Spielzeug, Werkzeuggriffe), die sich oft schon durch intensiven Geruch verraten, meiden.

Sind PAK oder andere gesundheitsschädliche Stoffe  im Grundwasser der Hünxer Wasserschutzbereiche oder im Trinkwasser der Gemeindewerke Hünxe zu finden? Gibt es Grenzwerte für Trinkwasser? Wie kann ich mich über die Trinkwasserqualität informieren? (Böd)

Das Grundwasser in unseren Hünxer Wasserschutzzonen für das Wasserwerk Bucholtwelmen ist sehr gut. Regelmäßig wird das daraus gewonnene Trinkwasser analysiert. Die Ergebnisse werden im Internet veröffentlicht.

Hier der Link: www.gemeindewerke-huenxe.de/wasser/unser-wasser/

Für Trinkwasser gibt es sehr viele gesetzliche Grenzwerte, die im Wasserwerk Bucholtwelmen alle eingehalten werden. Die Untersuchungsergebnisse für PAK liegen stets unterhalb der Nachweisgrenzen.

Natürliche und menschengemachte Freisetzung von PAK gibt es seit Jahrtausenden. Da müssten sich ja große Mengen angesammelt haben Gibt es auch eine natürliche Zersetzung von PAK? (Ben, Fas, Böd)

Ja, das gibt es. Einige PAK werden durch UV Licht zerstört. Darüber hinaus gibt es die Filterfunktion des Bodens. Dadurch werden Kohlenwasserstoffe einerseits zurückgehalten und andererseits in ungefährliche Stoffe, wie etwa CO2, umgewandelt. Der Boden ist also kein Filter, der irgendwann randvoll gefüllt ist.

Der natürliche Vorgang der Selbstreinigung von Böden kann auch technisch eingeleitet werden. In Hünxe wurde der mit Ölrückständen der BP Ruhrraffinerie belastete Boden durch Impfung mit Bodenbakterien im In Situ Verfahren, also direkt vor Ort, innerhalb eines Jahres saniert. Nicht nur Kohlenwasserstoffe, sondern auch andere Giftstoffe, wie etwa Arsen, werden von Bodenbakterien abgebaut. 

Hat es Messungen gegeben, ob von den im Mühlenberg illegal entsorgten Ölpellets Ausgasungen in der Luft oder Auswaschungen im Sickerwasser feststellbar sind? Sind PAK in den Ölpellets überhaupt wasserlöslich? Welche Ergebnisse hatten entsprechende Messungen? (Ben, Fas)

PAK sind nur sehr schwer wasserlöslich. Sie bleiben an den Feststoffen haften und  werden deshalb nur selten im Sickerwasser gefunden. Gutachter haben zahleiche Messungen vorgenommen und dabei im Sickerwasser nur eine einzige PAK Spur entdeckt, die jedoch so minimal war, dass sie unterhalb der Nachweisgrenze lag, In allen anderen Proben wurde überhaupt kein PAK gefunden. Luftmessungen gab es auch, wobei keine von den Ölpellets stammenden Ausgasungen festgestellt wurden.   

Die Ölpellets machen maximal 0,8% der Gesamtmasse des Mühlenbergs aus. Wäre das für die Ölpelletsuche erforderliche Ausgraben des Mühlenbergs eine Verbesserung oder Verschlechterung der jetzigen Situation? ( Ben, Fas, Wef)

Das Ausgraben des Mühlenbergs wäre mit einer erheblichen Umweltbelastung verbunden und würde die jetzige Situation nicht verbessern.

Wie kann sichergestellt werden, dass der Mühlenberg auf Dauer weder die Luft, noch das Grundwasser mit Schadstoffen belastet? (Fas).

Der Mühlenberg wird bald auch oben vollständig mit Ton abgekapselt sein. Das jetzt noch im Berg vorhandene Regenwasser wird unten in der Tonwanne als Sickerwasser abgepumpt und gereinigt. Die abgepumpte Wassermenge wird von Jahr zu Jahr geringer werden, da neues Regenwasser wegen der Tonkapselung und der Vegetationsschicht auf Dauer kaum mehr nachlaufen kann.

Sollte ein Regentropfen nach Jahrhunderten durch den Ton hindurch bis zum Grundwasser gelangen, dann wird dieser Regentropfen vom Grundwasser in den Ton zurückgedrückt werden. Es steht nämlich unter Druck (gespanntes Wasser). Dennoch wird auch der Mühlenberg auf Dauer von uns kontrolliert werden.

Sie leben mit Ihrer Familie gleich neben dem Mühlenberg, Herr Fastring. Was sagen Ihre unmittelbaren Nachbarn dazu?

Sie sagen: „Solange Du Dir keine Sorgen machst, Michael, machen wir uns auch keine“.

Die Wirtschaftsgemeinschaft Hünxe hat nicht nur Experten aus Hünxe und Umgebung, sondern auch das Institut für Geowissenschaften und Meteorologie der Universität Bonn zum Mühlenberg befragt. Wir haben darum gebeten, die Erkenntnisse zur Sicherheit des Standortes wissenschaftlich zu bewerten, das Fazit in möglichst einfachen Sätzen verständlich zu machen und mittels einer simplen Skizze zu veranschaulichen.

(c) Vereinfachte Skizze (Georg Nover) basierend auf dem Schichtverzeichnis der Geologischen Abfolge (CONSULAQUA, 2015)

Dr. Georg Nover:

 „Aus geologischer Sicht ist der Standort Mühlenberg als überaus geeignet und sicher einzustufen:

1. Eingebettet in tertiäre und quartäre schluffige und tonige Schichten ist das Rückhaltevermögen für belastete Sickerwässer außerordentlich hoch, da die Durchlässigkeitsbeiwerte zwischen 10-9 m/s und 10-11 m/s liegen und damit die Langzeitsicherheit des Standorts garantieren.

2. Die anstehenden Tone weisen ein zusätzliches Sicherheitskriterium auf: Schadstoffe die im Sickerwasser gelöst sind, werden von Tonen spezifisch adsorbiert und damit  immobilisiert. Hierdurch ist eine zusätzliche Sicherheit für eine ungewollte Kontamination von Grundwässern gegeben.“

3. Ein weiteres Sicherheitskriterium gegen eine Kontamination des Grundwassers durch austretende Sickerwässer ist durch die -unter den Tonen anstehenden- Walsumer Schichten gegeben:

Sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass eine Leckage die Basisabdichtung und die darunter befindlichen Tonschichten betrifft, würde das unter Druck stehende (gespannte) Grundwasser der Walsumer Schichten austretendes Sickerwasser wieder zurückdrängen (Artesischer Brunnen Effekt). Somit ist eine Verunreinigung des Grundwassers durch Sickerwasser ausgeschlossen.