Integration von Flüchtlingen mit Bleibeperspektive verbessern

Landkreise in ihren Integrationsbemühungen unterstützen

Kreis Wesel (pd). Anliegend finden Sie das Positionspapier „Integration von Flüchtlingen mit Bleibeperspektive verbessern“, das Vorschläge des Deutschen Landkreistages zum Umgang mit der steigenden Zahl von Flüchtlingen enthält:

Angesichts hoher Anerkennungsquoten insbesondere für Asylbewerber und Flüchtlinge aus Ländern wie Syrien oder dem Irak ist davon auszugehen, dass ein großer Teil der jetzt eingereisten Personen dauerhaft in Deutschland Aufnahme finden wird. Diese Menschen müssen mög-lichst schnell in den Arbeitsmarkt und die deutsche Gesellschaft integriert werden.

Die frühzeitige Integration von Asylbewerbern und Flüchtlingen mit Bleibeperspektive entspricht dem Wunsch der Betroffenen und liegt im Interesse Deutschlands, gerade auch seiner ländlichen Räume. Die negativen Folgen des demografischen Wandels und nicht zuletzt des schon heute erkennbaren Fachkräftemangels können gemildert werden, wenn das Potenzial von Menschen, von denen absehbar ist, dass sie hierzulande dauerhaft Schutz und Aufnahme finden werden, von Anfang an gefördert und genutzt wird. Dies umso mehr als zwei Drittel der Asylbewerber und Flüchtlinge zwischen 16 und 40 Jahren alt sind. Ziel ist es, dass die Betroffenen durch Erwerbstätigkeit Einkommen erzielen und ihr Leben eigenverantwortlich gestalten können. Mit frühzeitigen Integrationsmaßnahmen kann verhindert werden, dass aus Empfängern von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz Bezieher von Leistungen nach dem SGB II werden.

Die Landkreise haben diese Herausforderung früh erkannt. Sie stellen bereits in vielen Fällen Integrationsangebote im Rahmen von Migrationskonzepten bereit:

Diese sichern in einem ersten Schritt eine wertschätzende Aufnahme des Migranten in der Kommune. Dazu gehört auch, dass die persönliche Situation zugeschnittene Beratungsangebote für ihn und seine Familie aufgezeigt werden.

Ein weiterer Baustein umfasst die Bildungs- und Sprachförderung. Neu ankommende Migranten ohne entsprechende Sprachkenntnisse erhalten eine wohnortnahe gezielte Sprachförderung. Kinder und Jugendlichen nehmen, wenn möglich, in gleichem Umfang an der frühkindlichen Bildung teil wie einheimische Kinder. Ihnen wird eine sensible Begleitung bei den Übergängen im Bildungssystem geboten, damit sie einen guten Zugang zu Ausbildungsmöglichkeiten erhalten.

Ein drittes Element betrifft die Qualifizierung sowie Berufsvorbereitung. Die systematische Erfassung beruflicher Fähig- und Fertigkeiten der Flüchtlinge und Asylbewerber mit Bleibeperspektive erleichtert Beratungs- und Vermittlungsaufgaben. Migranten werden über den lokalen Arbeitsmarkt, konkrete Unterstützungsangebote und Bewerbungsverfahren informiert.

Ein weiterer wichtiger Baustein besteht in der Teilhabe und dem interreligiösen Dialog. Dazu müssen die Anknüpfungspunkte von Vereinen und des ehrenamtlichen Engagements bekannt gemacht und genutzt werden. Die kulturelle Vielfalt der Flüchtlinge wird wahrgenommen und wertgeschätzt. Der Dialog zwischen den Religionen wird auch auf der institutionellen Ebene praktisch gelebt. Mit dem Ziel des Miteinanders wird Rassismus und Diskriminierung nachdrücklich und dauerhaft entgegengetreten.

Auf diese Weise leisten die Landkreise bereits jetzt einen erheblichen Beitrag zur Integration der Asylbewerber und Flüchtlinge. Sie schaffen die Voraussetzungen dafür, dass die ländlichen Räume für Migranten attraktiv werden. Erforderlich ist allerdings, dass auch der Bund und die Länder ihre diesbezüglichen Anstrengungen deutlich erhöhen und die kommunale Ebene besser als bislang unterstützen.

Der Deutsche Landkreistag fordert daher:

Die bundesfinanzierten Integrationskurse sind in vollem Umfang für Asylbewerber mit Bleibeperspektive zu öffnen. Die Integrationskurse haben sich bewährt. Neben den wichtigen Sprachangeboten vermitteln sie Grundkenntnisse über bundesdeutsche Staats- und Gesellschaftsordnung. Um diesbezüglich ausreichend Lehrkräfte bereithalten zu können, bedarf es unkomplizierter, flexibler Lösungen.

Das Angebot an berufsspezifischen Sprachkursen muss ausgeweitet werden. Dies gilt bspw. für das aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds finanzierte Programm berufsbezogener Kurse des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (ESF-BAMF-Programm).

Die Länder müssen Sorge dafür tragen, dass in den Schulen Sprachförderklassen im erforderlichen Umfang eingerichtet werden. Auch in den Kindertagesstätten müssen auskömmlich finanzierte Betreuungsplätze und Sprachförderangebote vorgehalten werden. Der Sprachförderbedarf in Kindertagesstätten liegt bei Kindern mit nicht deutscher Muttersprache bei über 80 %.

Der Arbeitsmarktzugang von Asylbewerbern ist in den letzten Monaten – auch mit Blick auf Praktika – bereits erleichtert worden. Es sollte aber geprüft werden, ob die Maßnahmen ausreichen und welche sonstigen Optionen, z. B. auch mit Blick auf eine weitere Erleichterung der Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen bestehen oder mit Blick auf zeitlich begrenzte Ausnahmen vom Mindestlohn möglich sind. Dabei muss ausgeschlossen werden, dass weitere Erleichterungen des Arbeitsmarktzugangs als Zuwanderungsanreiz wirken und die Asylantragstellung als Ersatz einer geordneten Arbeitsmigration angesehen wird.

Der Bund, die Länder und vor allem auch die Landkreise, Städte und Gemeinden stehen angesichts der derzeit hohen Zahl von Asylbewerbern und Flüchtlingen vor besonderen Herausforderungen. Bei allem Bemühen, die Folgen des anhaltenden Zustroms von Menschen kurzfristig zu bewältigen, darf die langfristige Perspektive nicht aus dem Blick geraten. So richtig es ist, die Asylverfahren zu beschleunigen und abgelehnte Asylbewerber und Flüchtlinge zügig abzuschieben, so wichtig ist es, die Integration von asylsuchenden Migranten mit Bleibeperspektive zu verbessern. Für diesen Personenkreis darf Integration nicht erst mit dem Abschluss ihres Asylverfahrens beginnen!

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