Die Erneuerungsarbeiten an der Kläranlage Schermbeck sind abgeschlossen.
Seit 2016 wurde die Kläranlage auf den neuesten Stand gebracht und für den aktuellen Bedarf ausgebaut. Das Gesamtbudget des Projektes beläuft sich auf 17,2 Millionen Euro.
Die Renaturierung des nahegelegenen Mündungsbereichs des Schermbecker Mühlenbachs schloss der Lippeverband bereits im vergangenen Jahr ab. NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser kam dazu am 28. März nach Schermbeck.
Hier folgten die Teilnehmer dem „Weg des Wassers“, denn nach dem mehrstufigen Klärprozess auf der Anlage fließt das gereinigte Abwasser dem Schermbecker Mühlenbach zu. Nach der letzten umfangreichen Sanierung in den 1990ern war die Kläranlage Schermbeck in die Jahre gekommen. Außerdem reichte das Behandlungsvolumen nicht mehr für die gestiegene Einwohnerzahl aus. Das millionenschwere Sanierungsprojekt fand während des laufenden Betriebs statt – denn als unverzichtbare Infrastruktureinrichtungen müssen Kläranlagen rund um die Uhr laufen.
Im Jahr reinigt die Kläranlage rund 1,3 Milliarden Liter Abwasser, was dem Inhalt von 15 Millionen Badewannen entspricht. Die Anlage liefert bei Normalabfluss mit etwa 40 Prozent einen beträchtlichen Teil der Wassermenge des Mühlenbachs.
Abwasserreinigung nun klimafreundlicher
In der sechs Jahre dauernden Sanierungsphase hat der Lippeverband die Anlagen komplett überarbeitet: Der Wasserverband hat unter anderem zwei große Nachklärbecken neu gebaut, für die das Areal der Anlage erweitert wurde. Durch die neue Anordnung musste der gesamte Reinigungsablauf und auch der Einlauf in den Schermbecker Mühlenbach überplant werden. „Kläranlagen machen mit rund 20 Prozent den größten Einzelposten des Energiebedarfs einer Kommune aus. Daher können Anlagenbetreiber durch einen hohen Grad an Energieautarkie einen nachhaltigen Beitrag für den Klimaschutz leisten“, sagte NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser. Zusätzlich zu verschiedenen bau- und maschinentechnischen Erneuerungen erhielt die Kläranlage ein neues Prozessleitsystem, das den Steuerungsprozess verbessert. Folgen wird im Rahmen der Photovoltaik-Initiative des Lippeverbandes außerdem eine PV-Anlagen zur Stromerzeugung aus Sonnenenergie.
Technik ist zukunftsfest
„Das Abwasser selbst wurde auch vor der Re-Investition sicher und gesetzeskonform gereinigt, nun ist die Technik aber zukunftsfest ausgebaut und das Reinigungsvolumen wurde erweitert. Durch den Bau eines Blockheizkraftwerks, das Klärgas direkt verstromt, senken wir außerdem die CO2-Bilanz“, fasste Dr. Emanuel Grün als Technischer Leiter des Lippeverbandes zusammen.
Mündungsbereich naturnah umgestaltet
Somit ist die Anlage gerüstet für neue Herausforderungen, denn mittlerweile sind sämtliche Entwässerungsgebiete im Gemeindebereich Schermbeck an die Kläranlage angeschlossen. Das Wasser der Kläranlage fließt in unmittelbarer Nähe in den Schermbecker Mühlenbach, der knapp einen Kilometer unterhalb der Kläranlage in die Lippe mündet.
Der Mündungsbereich wurde im Rahmen des Programms „Lebendige Lippe“ vom Lippeverband im Auftrag des Landes Nordrhein-Westfalen naturnah umgestaltet. Ministerin Ursula Heinen-Esser hatte im Sommer 2021 den Spatenstich zu Beginn der Maßnahme begleitet.
Schermbecker Mühlenbach fließt im Bogen Richtung Lippe
Statt einer gerade und steil abfallenden Mündung fließt der Schermbecker Mühlenbach jetzt mit zwei weit ausholenden Bögen Richtung Lippe – dadurch gewinnt er rund 220 Meter an Länge. Die Renaturierungsarbeiten des Mündungsbereichs konnten zügiger beendet werden als geplant und blieben auch aus diesem Grund mit 3,6 Millionen Euro unter der Kostenkalkulation von 4,2 Millionen Euro.
Fluss wird sich ökologisch entwickeln
„Im Rahmen des Programms ‚Lebendige Lippe‘ ist es unser Ziel, dem längsten Fluss in NRW zu einem naturnahen Zustand zu verhelfen. Hier haben wir alle Voraussetzungen für die ökologische, notwendige Entwicklung geschaffen. Als wichtiges Fischgewässer ist der Mühlenbach nun an die Lippe angeschlossen, Flora und Fauna werden die Auenbereiche als Lebensorte besiedeln“, sagte Ursula Heinen-Esser.
„Ich denke, die Bilder sprechen für sich: Aus einem schnurgeraden, überformten Gewässer ist eine hochwertige Landschaft geworden – es wird spannend sein, die weitere Entwicklung zu beobachten. Dabei tragen wir den biodiversen Ansprüchen genauso Rechnung wie dem Hochwasserschutz“, fasste Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender des Lippeverbandes, zusammen. Als Rückstaufläche können sich Lippe und Mühlenbach bei hohen Wasserständen nämlich dank der abgesenkten Fläche in den Auenbereich des Schermbecker Mühlenbachs ausdehnen – ein positiver Effekt für den Hochwasserschutz.
Nachhaltige Bauausführung
Insgesamt hat der Lippeverband 36.000 Tonnen Bodenmaterial bewegt und den Mündungsbereich um 200 Meter nach Westen verlegt. Möglichst nachhaltig hat der Lippeverband die Bauausführung umgesetzt: Alte Bäume, die man bei den Aushubarbeiten gefunden hat, wurden als Totholz im Gelände platziert. Die Stämme dienen als Lebensraum für Kleinstlebewesen. Auch Schilfbestände sind ausgegraben und umgesetzt worden. Als besonders geschützter Bereich dient zukünftig ein „abgebundener“ Teil des alten Gewässerlaufs – in diesem wechselfeuchten Biotop bieten Steine Ruheplätze für Echsen und im stehenden Wasser finden Molche, Frösche und andere Amphibien einen Unterschlupf. Auch dieser Bereich kann im Hochwasserfall einstauen.