Schermbecker „Haus Kilian“: Eine Heimat der Nächstenliebe

Das Schermbecker „Haus Kilian“ feierte sein 20-jähriges Bestehen
Schermbeck Im Rahmen eines Grillfestes, an dessen Ausrichtung auch der Elternkreis für behinderte und nicht behinderte Kinder beteiligt war, feierte das „Haus Kilian“ sein 20-jähriges Bestehen.
Höhepunkt des Tages war eine Planwagenfahrt durchs Gemeindegebiet. Regen trieb die Teilnehmer allerdings schnell wieder ins Heim zurück. Beim geselligen Zusammensein, an dem auch Markus Bothe als Geschäftsführer der Caritas Betriebsführungsgesellschaft Marl (CBT) teilnahm, wurde auch eine große Torte angeschnitten, die Schermbecks „Zuckerbäckerin“ mit einem Foto aus dem Gründungsjahr 1995 versehen hatte. Das Erinnerungsfoto wurde auch Anlass für eine Rückschau auf die bisherige Entwicklung des Wohnheimes für behinderte Menschen.

Die Bewohner und Mitarbeiter des „Haus Kilian“ im Jubiläumsjahr 2015 vor der Einrichtung an der Erler Straße. Foto: Helmut Scheffler
Die Bewohner und Mitarbeiter des „Haus Kilian“ im Jubiläumsjahr 2015 vor der Einrichtung an der Erler Straße. Foto: Helmut Scheffler

Am 14. Januar 1989 erkannte der Landschaftsverband Rheinland den Bedarf zur Betreuung von Behinderten für Schermbeck an. Der Landschaftsverband bescheinigte am 14. Januar 1991, dass das ehemalige Schwesternwohnheim vor allem wegen der Ortskernnähe einen geeigneten Platz für ein Behindertenwohnheim darstelle. Im Jahre 1992 entschied der Kirchenvorstand von St. Ludgerus, nicht nur Bauherr, sondern auch Träger der Einrichtung zu werden. Die CBT übernahm im Auftrag der Ludgerusgemeinde im Jahre 1994 die Betriebsführung.
Bereits während der Umbauphase wurde die 31-jährige Diplom-Sozialwissenschaftlerin Birgit Dyga aus Herne als erste Leiterin des geplanten Behindertenwohnheims tätig. Im November 1994 übernahm der 37-jährige Sozialwissenschaftler Martin Dittmer die Leitung der Einrichtung. Die „Aktion Sorgenkind“ gewährte im November 1994 einen Baukostenzuschuss in Höhe von 140 150 Mark, Geld, das dringend zur Finanzierung des vom Architekten Franz-Josef Wein geleiteten Umbaus verwendet werden konnte.
Im Januar 1995 bezogen die ersten dreizehn behinderten Menschen das für rund 1,6 Millionen Mark ausgebaute Behindertenwohnheim. In der Einzugsphase gaben Hausmeister Karl-Josef Grömping vom Marienheim und die dort eingesetzten Zivildienstleistenden Frank Seegler und Markus Niehues wertvolle Unterstützung.
Weihbischof Heinz Janssen kam am 12. März 1995 nach Schermbeck, um das Wohnheim einzusegnen. Das neue „Haus Kilian“ erhielt seinen Namen von einem der ersten Missionare, die im siebten nachchristlichen Jahrhundert im Gebiet der Sachsen mit der Christianisierung begannen. Der heilige Kilian schien den Schermbeckern in besonderer Weise als Namenspatron zu gefallen, ist er doch zugleich der Namengeber ihrer beiden Schützengilden, eines Mitte der 1980er-Jahre eröffneten „Kilianpättken“ und des Altschermbecker Festplatzes. Weihbischof Janssen nannte die Öffnung des Hauses mit 21 Wohnplätzen einen wichtigen Beweis für die drei Grundaufgaben der Kirche, Gottesdienste zu feiern, den Glauben zu verkünden und Nächstenliebe zu zeigen.
Das „Haus Kilian“ hat sich in den zurückliegenden 20 Jahren einen festen Ankerplatz im Kleinstädtchen Schermbeck geschaffen. Seine Anliegen werden von vielen Gruppen bei Festen und von zahlreichen Sponsoren unterstützt. Die Mobilität der Bewohner wurde gesteigert, als 1996 ein Kleintransporter dank der kräftigen Finanzspritze der „Aktion Sorgenkind“ gekauft werden konnte. Im Keller des Hauses stand 1995 die Wiege der Künstlergruppe „Nebelhorn“. Einen großen Anklang finden die Sommerfeste und seit 2003 die Adventsmärkte.

Auch unter Beatrix Steinrötter, die die Nachfolge von Martin Dittmer übernahm, und unter der Führung der jetzigen Heimleiterin Birgit Förster (seit 2001) hat das Betreuungsteam die Integrationsarbeit konsequent fortgesetzt.
„Wir bieten erwachsenen Menschen mit einer geistigen Behinderung und weiteren Beeinträchtigungen die Möglichkeit, in überschaubaren Wohneinheiten zu leben und ein Zuhause zu finden“, stellt Einrichtungsleiterin Birgit Förster als zentrale Zielsetzung heraus. Pädagogisch therapeutische Begleitung und Unterstützung sowie pflegerische Hilfe seien Bestandteile eines ganzheitlichen Betreuungskonzeptes.
Es gibt gute Kontakte zu zahlreichen Gruppen in der Gemeinde Schermbeck. Seit drei Jahren dürfen die Bewohner sogar als namentlich gekennzeichnete Gruppe im Festumzug der Altschermbecker Kilianer mitziehen; Leiterin Birgit Förster ist im Zug die einzige Frau. Als Mitglied des Wassersportvereins besuchen die Bewohner zweimal wöchentlich das Hallenbad. Dreimal unterstützten die 21 Bewohner die Aktion „Handicap bewegt“. Ein besonderes Engagement beweist das Haus Kilian bei künstlerischen Aktivitäten. Daran erinnert nicht nur eine Skulptur auf dem Gelände. Mehrfach haben die Bewohner ihre Werke in der Volksbank ausgestellt. Im hauseigenen Malkeller entstanden beeindruckende Exponate für den Kreuzweg, der 2014 in der Ludgeruskirche und im Mai dieses Jahres im Kölner Rheinpark gezeigt wurde. H.Sch.

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Heimatreporter
Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.