Erster Unterricht fand in einer Gaststätte statt

Gahlener Entlassschüler des Jahres 1955 feierten bei Schult ein fröhliches Wiedersehen

Gahlen Einen Kübel Himbeersirup und „Plaatenkoochen“ wie beim Gahlener Kinderschützenfest des Jahres 1954 gab es am Samstagabend nicht in der Gaststätte Schult. Aber die Erinnerungen der Mittsiebziger kreisten beim Klassentreffen um jene Tage, als Gahlener Kinder mit bescheidenen Wünschen lebten.
Vor 60 Jahren wurden 27 Jungen und Mädchen aus der Gahlener Volksschule vom Lehrer Bernhard entlassen. Eine achtjährige Schulzeit lag hinter den Kindern, die 1947 von der Lehrerin Erna Ilse Düssel eingeschult wurden.
Vier Jahrgänge wurden gemeinsam unterrichtet. Erst in der Oberstufe saßen nur noch zwei Jahrgänge in einem Klassenraum zusammen.. Das klappte auch ohne schulpsychologische Unterstützung, weil die Lehrer das Sagen hatten, bei Bedarf mit heute verbotenen Erziehungsmethoden handelten und der Draht zu den unterstützenden Eltern eng geschaltet war.

In der Gaststätte Schulte feierten die Entlassschüler des Jahres 1955 ein fröhliches Wiedersehen. Vorne v.l.: Gisela Schönlau (-Walbrodt), Hilde Döpelheuer (-Großblotekamp), Helga Kiy (-Schmitz), Brigitte Pollmann (-Hämel), Helga Schüring (-Amerkamp), Erna Hemmert (-Scholt). Hinten v.l.: Helga Großblotekamp (-Pannenbecker), Willi Knüfken, Ilse Beelte (-Ruloff), Ernst Benninghoff, Waltraut Biedermann (-Ivens). Foto Scheffler
In der Gaststätte Schulte feierten die Entlassschüler des Jahres 1955 ein fröhliches Wiedersehen. Vorne v.l.: Gisela Schönlau (-Walbrodt), Hilde Döpelheuer (-Großblotekamp), Helga Kiy (-Schmitz), Brigitte Pollmann (-Hämel), Helga Schüring (-Amerkamp), Erna Hemmert (-Scholt). Hinten v.l.: Helga Großblotekamp (-Pannenbecker), Willi Knüfken, Ilse Beelte (-Ruloff), Ernst Benninghoff, Waltraut Biedermann . Foto Scheffler

Mit Holzklotschen kamen die Kinder zur Einschulung in die Gaststätte Gerpheide. Dort wurde unterrichtet, weil in der Dorfschule im Jahre 1947 die Kriegsschäden noch nicht beseitigt waren. Als im dritten Schuljahr zur erneuerten Schule (heute Gemeindehaus) gewechselt wurde, mussten die Klotschen auf dem Flur bleiben. „In den Pausen gab`s ein fürchterliches Durcheinander, wenn jedes Kind seine Klotschen suchte“, erinnerte sich Ernst Benninghoff.
An den rüpelhaften Schüler Heinz konnten sich die meisten beim Klassentreffen noch bestens erinnern, auch daran, dass er eines Tages von einigen Kindern zur Strafe mit nacktem Hinterteil durch die Brennnesseln gezogen wurde.
Viel Spaß gab`s im Winter, wenn die Kinder am Friedhofsabhang im Törkentreck ihre Tornister zu Schlitten umfunktionierten. „Wenn die Tafel oder Griffel dabei zerbrachen, gab`s zu Hause mächtigen Ärger“, erzählte Hilde Döpelheuer (-Großblotekamp) vom winterlichen Vergnügen mit Folgen.
Sexualeruzziehung war noch nicht in. „Das haben wir später alles nachgeholt“, lachte Willi Knüfken. Alle lachten lauthals los, als Gisela Schönlau (-Walbrodt) gestand: „Wir haben doch gedacht, dass wir ein Kind kriegen, wenn uns ein Junge küsst.“
An die Schulspeisung im ersten Schuljahr konnten sich die meisten Ehemaligen noch gut erinnern. Änne Schulz hat täglich gekocht. Meist waren es Suppen, die im Keller ausgeteilt wurden.
Unvergessen blieben auch die Wandertage. Die Gahlener Kinder hatten Glück, mit den Lehren Bernhard, Friedrich und Wolf reisefreudige Lehrer zu haben. So lernten sie nicht nur regionale Wanderziele wie den Gartroper Busch und die Wacholderheide kennen, sondern auch eine sauerländische Tropfsteinhöhle und den Wuppertaler Zoo. H.Sch.

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Heimatreporter
Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.