Ein Ort zur Suche nach Gott

Ludgerusgemeinde startete die Feier ihres Kirchbau-Jubiläums

Schermbeck Mit einer Festmesse in der Ludgeruskirche wurden am gestrigen Christkönigsfest die einjährigen Feierlichkeiten gestartet, mit denen die Ludgerusgemeinde daran erinnern möchte, dass ihre jetzige Kirche im kommenden Jahr 100 Jahre alt wird.
Die 100-jährige Maria Busch dürfte gestern wohl als älteste Besucherin miterlebt haben, wie Pastor Klaus Honermann, Pastor Xavier Muppala, Diakon Ekkehard Liesmann und zahlreiche Messdiener vom Hauptportal aus durch den Mittelgang zum Altar schritten, während die fünf „Einklang“-Bläser Jürgen Hater, Norbert Dahlhaus, Felix Dahlhaus, Bastian Striewe und Berthold Bienbeck Jan de Haans „Glory to God“ erklingen ließen. Nach der Begrüßung durch Pastor Honermann sangen die Gläubigen Joseph Mohrs „Ein Haus voll Glorie schauet weit über alle Land“ und wurden dabei vom Kirchenchor „Cäcilia“ und dem Kirchenmusiker Josef Breuer musikalisch begleitet.

Am Christkönigsfest begannen gestern in der Ludgeruskirche die einjährigen Feiern anlässlich des Kirchenbaus vor 100 Jahren. Foto Scheffler
Am Christkönigsfest begannen gestern in der Ludgeruskirche die einjährigen Feiern anlässlich des Kirchenbaus vor 100 Jahren. Foto Scheffler

Ein riesiges Banner im Chorraum mit der Aufschrift „1915-2015. 100 Jahre Kirche St. Ludgerus Schermbeck“ und ein fast zwei Meter hoher Nachbau der Kirche erinnerten optisch an den Anlass der Festmesse, bevor Pastor Honermann in seinem ausführlichen Festvortrag mit einem Streifzug durch die 100-jährige Geschichte der Kirche begann.
Honermann erinnerte daran, dass die Kirche, mit deren Aufbau kurz vor dem Ersten Weltkrieg begonnen wurde, mit Kraft und Überzeugung im ersten Kriegsjahr fertig gestellt wurde. In einer Zeit mit fürchterlichen Grabenkämpfen, Giftgas-Angriffen und mit der Vernichtung von Leben und Lebensraum sei in Schermbeck das Gegenteil erfolgt. Statt Vergötzung der Macht habe es eine Anbetung der ohnmächtigen Liebe Gottes gegeben, statt des Nationalismus ein geistiges Gebäude und statt der Kaiserbegeisterung die begeisternde Verehrung des wahren Königs Christus. „Selbstkritisch müssen wir aber wohl hinzufügen“, räumte Honermann ein, „dass damals wohl auch unsere Gemeindeglieder nicht ganz frei waren vom Zeitgeist. Natürlich gab es auch in Schermbeck Nationalismus.

Das achtjährige Kommunionkind Kristin Scholthoff gehörte zu jenen Kindern, die in der Marienkapelle die Inhalte einer Kirche auf kleine Karten schrieben und zu einem Kirchengebäude zusammenfügten. Foto Scheffler
Das achtjährige Kommunionkind Kristin Scholthoff gehörte zu jenen Kindern, die in der Marienkapelle die Inhalte einer Kirche auf kleine Karten schrieben und zu einem Kirchengebäude zusammenfügten. Foto Scheffler

Dem Jubel der Menschen beim Kriegsbeginn vor 100 Jahren setzte Honermann Gründe fürs Jubeln in der gegenwärtigen Ludgeruskirche entgegen. „Seit 100 Jahren wird in dieser Kirche gebetet, geschwiegen, gesungen, gefragt und nachgedacht, gedankt und gefleht, gefeiert und getrauert, getauft und geheiratet“, stellte Honermann fest und ergänzte, „es ist der Ort, wo der einzelne Glaubende und Suchende sich an Gott wendet, gelegentlich eine Kerze anzündet und einfach nur still wird.“
Honermann zog Parallelen zwischen einem Kirchenbau und dem Gemeindeleben. „Das Kirchengebäude“, so Honermann, „ist Symbol und Verdichtung unseres Selbstverständnisses als Gemeinde.“ Alle Maßnahmen zur Verschönerung des Gebäudes und zur Harmonie des Raumes dienten dem Versuch, „etwas von jenem Himmel erahnen zu lassen, der im Gottesdienst verkündet und gefeiert wird.“

Mit Pastor Xavier Muppala, Pastor Klaus Honermann und Diakon Ekkehart Liesmann feierten die Schermbecker Katholiken am Sonntagmorgen einen Festgottesdienst. Foto Scheffler
Mit Pastor Xavier Muppala, Pastor Klaus Honermann und Diakon Ekkehart Liesmann feierten die Schermbecker Katholiken am Sonntagmorgen einen Festgottesdienst. Foto Scheffler

Mit der Hoffnung, dass in Zeiten zunehmender Kirchenschließungen oder –Abrisse die Schermbecker Kirche im wahrsten Sinne des Wortes mitten im Dorf bleiben und dort als Mitte von gesellschaftlichem Leben stehen möge, endete Honermann seinen Festvortrag.
Während der Messe befasste sich Pastoralreferentin Birgit Gerhards mit Kindern in der nahen Marienkapelle auf andere Weise mit dem Kirchbau-Jubiläum. Die Kinder schrieben auf handflächengroße farbige Karten all das auf, was zu einem lebendigen Gotteshaus gehört. Das reichte von der Tür und Kerzen über Kreuz und Musik bis hin zu Jesus, zu den Messdienern und Pastoren. Die Kärtchen wurden auf einen Karton mit der Form einer Kirche geklebt und am Ende der Messe von den Kindern vor den Altar gestellt.
Vor der Segnung der Gläubigen lud Pastor Honermann zum Besuch des „Marktplatz der Hilfe“ ein, in dessen Verlauf am kommenden Samstag jener Frühschoppen nachgeholt werden kann, auf den man gestern verzichtete. Mit einem jubilierenden „Großer Gott, wir loben dich“ und mit Henry Purcells Marsch „Trumpet Voluntary“ endete der Start ins Jubiläumsjahr. H.Sch.

23.11.-2014-013

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Heimatreporter
Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.