Abseits der Gesellschaft – Obdachloser unter Flüchtlingen in der alten Üfter Schule

Wer einmal im Abseits der Gesellschaft lebt, für den ist es kein leichtes Zurückkommen mehr in das „normale“ Leben.
Wie für Hans-Jürgen Kellner aus Schermbeck. „Plötzlich habe ich nicht mehr dazu gehört“ erinnert sich heute der 59- Jährige, der seit Jahren von einer Obdachlosenunterkunft in die andere zieht. Momentan wohnt der „trockene Alkoholiker“ seit August 2015 auf zehn Quadratmetern gemeinsam mit den Flüchtlingen in der alten Schule in Üfte.

Dem Alkohl verfallen seit der Jugend
Angefangen hatte das Dilemma vor rund 25 Jahren. Der gelernte Schweiß war bereits seit seiner Jugend dem Alkohol verfallen und wohnte bis vor sieben Jahren in Dinslaken. „Durch meine Krankheit, ein Lungenemphysem, konnte ich nicht mehr arbeiten“, so Kellner. Mit der Sauferei aufgehört habe er, wie er berichtet, mit dem Beginn seiner Krankheit im Alter von 33 Jahren. Seitdem ist er „trockener Alkoholiker“.

„Die Krankheit sah ich das als Chance, um endlich mit dem Trinken aufzuhören, aber damit kam gleichzeitig auch mein sozialer Abschied. Ich dachte, dass ich nun ein Held bin, aber es geschah genau das Gegenteil. Für meine damaligen Kumpel war ich ab diesem Zeitpunkt nur noch ein Außenseiter, denn ich hatte nichts mehr zu bieten“. Arbeitslos, kein Geld, kein Auto und keine nächtlichen Saufgelagere mehr führten dazu, dass Kellner letztendlich nicht nur ohne Freunde, sondern auch ohne Wohnung da stand.

Mit seinem Rennrad fährt Hans-Jürgen Kellner täglich mehrere Stunden durch die Gegend.
Mit seinem Rennrad fährt Hans-Jürgen Kellner täglich mehrere Stunden durch die Gegend.

Von der Wohnung in Dinslaken direkt ins Obdachlosenheim

Der soziale Abstieg nahm seinen Lauf, erst Obdachlosenheim in Dinslaken und dann mit dem Einzug 2009 ins Lühlerheim. Dort arbeitete Kellner zwar weiterhin als Glasreiniger, aber da er „trockener Alkoholiker war“, hatte er dort große Schwierigkeiten mit den Bewohnern. „Die haben bis in die Nacht hinein getrunken. Es war immer sehr laut, und ich musste aber morgens raus zum Arbeiten“. So verließ er dann nach drei Jahren das Lühlerheim und zog in das Haus an der alten Poststraße in Schermbeck.

Zehn mal zehn Quadratmeter groß ist sein Zimmer in der "Alten Schule" in Schermbeck-Üfte.
Gerade mal zehn Quadratmeter groß ist sein Zimmer in der „Alten Schule“ in Schermbeck-Üfte.

Chancen auf eine kleine und bezahlbare Wohnung wird immer geringer

Im August dieses Jahres musste er dort raus und wurde in die alte Schule in Üfte umquartiert. „Eigentlich suche ich schon seit Jahren eine kleine Wohnung in Schermbeck, die ich bezahlen kann. Aber mittlerweile, bedingt auch durch die vielen Flüchtlinge wird es immer schwieriger. Deshalb bin ich total gefrustet, denn meine Chancen auf eine Wohnung ist dadurch noch mehr gesunken“, erzählt Kellner, der es sich auf seinen zehn Quadratmetern so gemütlich wie es eben geht eingerichtet hat.

Tägliche Fahrradtouren sind die einzige Abwechslung

Dennoch kann er sich dort nicht rund um die Uhr aufhalten. Für eine kostenlose Abwechslung sorgt sein Radsport. Täglich shwingt sich Kellner auf sein Fahrrad und fährt stundenlang in allen Richtungen rund um Schermbeck. „Aus Schermbeck weg will ich nicht mehr. Es gefällt mir hier sehr gut. Ich bin auch zu alt, um wieder neue Menschen kennenzulernen und neu anzufangen in einer anderen Stadt. Das was ich mir nur wünsche, ist eine kleine Wohnung, die nicht mehr als 350 Euro kostet“. Petra Bosse